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Arbeitsgespräch mit Thüringens Ministerpräsidenten Dieter Althaus

Arbeitsgespräch mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus mit Präsident Hartmut Strube und Geschäftsführer Michael Beier am 25.08.2004 in der Thüringer Staatskanzlei

Die Architektenkammer Thüringen hat am Mittwoch ein erstes Arbeitsgespräch mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus und dem Bauminister Andreas Trautvetter in der Thüringer Staatskanzlei geführt. Präsident und Geschäftsführer besprachen vor allem die Themen Städtebau/ Stadtumbau, Ministerium Bau und Verkehr sowie Investitionen/ Förderprogramme/ Baukultur .

Das Ergebnis des Gespräches war, dass es in den kommenden Wochen zum Nachtragshaushalt im Freistaat Thüringen zu kontroversen Diskussionen um die Höhe der Finanzierung der kommunalen Haushalte, die Höhe der Beteiligungen der Kommunen an den Förderprogrammen des Bundes und des Landes sowie um dramatische Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen, den Investitionen des Freistaates Thüringen kommen wird. Gleichfalls sollen auch die Landesgesellschaften, insbesondere die LEG Thüringen, auf Kernkompetenzen zurückgeführt werden. Dieses sahen die Kammervertreter als besonders positiv an. Die LEG Thüringen gilt im Planungsmarkt und besonders bei der Bauleitplanung, im Hochbau, im Städtebau und in der Regionalplanung als ungleicher Mitwettbewerber gegenüber den Freien Berufen. Gesucht wird in der Landesregierung auch nach intelligenten Finanzierungsmodellen wie Public Private Partnership. Eine Arbeitsgruppe beim Bauminister Andreas Trautvetter soll dazu Beipiellösungen erarbeiten. Die AKT soll darin mitarbeiten, so Andreas Trautvetter. Unterstützung fand der Ansatz der Kammer für ein Musterarchitektengesetz der mdr-Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Gleichfalls soll auch die StiftungBaukultur weiterhin durch die Landesregierung projektbezogen unterstützt werden. Die Landesregierung unterstrich ihr Interesse an der Gründung eines Bauhaus Institutes in Shanghai. Dieses betraf auch die Schaffung eines deutsch-chinesischen Begegnungszentrum in Weimar. Dazu will der Ministerpräsident auch seine Reise in 2005 nach China nutzen, um das Projekt zu befördern. Beim Stadtumbau in Thüringen ist eine Nullrunde in der kommunalen Rahmenzuweisung für die Städtebaufördermittel in 2004 ansehbar. Diese Einschätzung teilte auch der Bauminister mit uns. Hier fehlt es an der Verwaltungsvereinbarung des Bundes mit den Ländern.

Zum Gespräch wurden Positionen der Architektenkammer vorgetragen, die nachfolgend veröffentlicht werden.

Verbesserung des Investitionsklimas in Thüringen gefordert



Städtebau und Investitionen


Zentrales Aufgabenfeld der Thüringer Architekten und Stadtplaner ist die aktive Mitwirkung am Stadtumbauprozess - d. h. Konzentration der Planungsarbeit auf Innenstadträume (Hochbau wie Freianlagen, Oberflächen). Der Stadtumbauprozess mit seiner Programmatik ist ein "lernendes Programm" zwischen visionärer Euphorie und finanzieller (Eigenmittel Städte und Wohnungsunternehmen) Ernüchterung. Planer und Architekten fungieren immer wieder als Mittler zwischen städtebaulich baukulturellem Anspruch und wirtschaftlicher Realität.

Das neue Baugesetzbuch, Dritter Teil, Stadtumbau, §171 a - e schafft planungsrechtliche Rahmenbedingungen durch "informelle" Planungen mit Satzungsbeschluss (§171 d), es schafft aber kein Baurecht. Deshalb sind weitergehende Schritte nötig: Planungsrechtliche Erleichterungen für unbeplante Innenbereiche; durch Baurecht gemäss §34 BauGB auf Grundlage bestehender informeller Planungen aus Stadtentwicklungskonzepte  Notwendig ist die Reduzierung förmlicher B-Planverfahren; einfachere Änderungen bestehender B-Plansatzungen mit überholten Planungsinhalten sind in der kommunalen Planungs-Hoheit dringend geboten!

Das Förderprogramm Bund-Länder-Städtebauförderprogramm ist sehr flexibel einsetzbar, seitens der Planer bestehen positive Erfahrungen auch in der Arbeit mit der Landesverwaltung dazu. Negativ ist die Einschränkung bei der Förderung privater Maßnahmen, insbesondere in der fehlenden Neubauförderung in Baulücken.

Die Erweiterung des Stadt-Umbau-Programms, Teil Aufwertung, in seinen Anwendungsbereichen bei komplexen Aufwertungsmaßnahmen ist dringend notwendig. Die Konzentration auf die Infrastruktur in der Gegenwart war auch nicht das alleinige Förderziel des Bundes gewesen. Das Innenstadtstabilisierungsprogramm - ISSP - (Staatsanzeiger 13/2004) war ein positiver Ansatz. Zum Zeitpunkt der Programmaufstellung (Ende 2003) sahen viele Kommunen hierin eine kommende Chance Baulücken in den Innenstädten durch "geförderten Neubau" zu schließen. Dieses sollte sich zu einem aktiven flankierenden Beitrag zum Stadtumbauprozess - Neubau innen vor außen - entwickeln. Die Realität: des Programms reduzierte aber den Neubau auf den "sozialen Wohnungsbau". Dieses ermöglicht keine der Innenstadt typische Mischung mit Handel - Dienstleistung - Gewerbe. Das Fazit daraus sind beschränkte Einsatzmöglichkeiten - eine beschränkte Nachfrage nach diesem Programm seitens der Kommunen und ihrer Gesellschaften gegenüber der Anmeldung Ende 2003.

Sollte die Investitionszulage (20%) wegfallen, die Eigenheimzulage gekürzt oder gestrichen werden, folgt daraus, dass noch weniger private Investitionen in Sanierungsgebieten oder in den Innenstädten bzw. im Wohnbau erfolgen werden. Die Schaffung von selbstgenutztem Wohneigentum wird dadurch konterkariert.

Alle Städtebauförderprogramme (Bund-Länder und Landesprogramme) sowie andere Förderprogramme funktionieren nach dem Prinzip Programmanmeldung für das Folgejahr - Finanzrahmenzuweisung im laufenden Jahr - Einzelantragsstellung nach der Rahmenzuweisung. Ein Problem der letzten Jahre und der Gegenwart ist, dass die Rahmenzuweisung im jeweils laufenden Jahr immer später erfolgt. In den neunziger Jahren war es noch das Frühjahr März/ April, in den letzten Jahren der Sommer Juni/ Juli und im Jahr 2004 eventuell der Herbst, September 2004? Die Kommunen beginnen also erst ab September 2004 die Planungen zu beauftragen! Eine Entschärfung des Problem durch eine Vorfinanzierung der Kommunen ist kaum noch gegeben seit der Mitleistungsanteil der Kommunen an dem Fördermittelstock von 15 % in 2001 auf 33,4% seit 2003 gestiegen ist. Für dieses Jahr befürchten wir eine Null-Runde! Eine katastrophale Situation für die Planer und Kommunen in Thüringen!

Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr


Die Architektenkammer Thüringen begrüßt die Bildung des Ministeriums für Bau und Verkehr. Wir haben von Beginn an, seit Schaffung der Kammer, die Einrichtung eines solchen Ministeriums gefordert. Für uns gilt es, dass sich das Ministerium und seine nachgeordneten Einrichtungen vor allem um die Stärkung des Freistaates, die Qualifizierung der Infrastruktur, die Deregulierung und Bündelung der öffentlichen Verwaltung, auf die Kernkompetenzen und auf eine Stärkung des Steueraufkommens ausrichtet. Investitionen sind beim staatlichen Hochbau insbesondere auf den Bauwerkserhalt, Sanierung und Modernisierung im Bestand und auf Projekte zu setzen, für die bereits die Haushaltsunterlage Bau vorliegen. Angearbeitete Objekte sind vorrangig zu realisieren.

Das Projekt "Genial Zentral" ist fortzusetzen und auf eine Mischnutzung von Wohnen, Gewerbe und kleinteiligen Handel auszurichten. Die einseitige Funktion des Wohnens fasst den Rahmen für das Wohnen in der Innenstadt, das Wohnen für junge Familien, das Generationenwohnen zu eng. Die Stärkung der Innenstädte kann nur durch eine Ausweisung von Mischgebieten gewährleistet werden.

PPP ist eine mögliche Vergabeform im öffentlichen Auftragswesen, die verstärkt im Landesbau sowie im kommunalen Bereich zu nutzen ist. Für die Planungsleistungen in den Vergabeverfahren, die für den Zuschlag entscheidend sind, ist der Aufwand nach der VOF und in Anlehnung an die Grundsätze und Richtlinie für Wettbewerbe angemessen zu entschädigen. Beispielhaft sind die VOF-Vergabeverfahren mit Stegreifentwurf im staatlichen Hochbau. PPP darf nicht zum ruinösen Preiswettbewerb und zur Benachteiligung des Mittelstandes ausufern. Die Architektenkammer Thüringen bittet die Landesregierung, in der PPP-Arbeitsgruppe mitwirken zu können und bietet die Partnerschaft in der Beteiligung bei PPP-Verfahren an. Die positiven Erfahrungen in der Transparenz und Gleichbehandlung wie bei den VOF-Verfahren unter Beteiligung der Architektenkammer Thüringen sind fortzuführen.

Gemeinsam mit den Architektenkammern Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde in Anlehnung an das Musterarchitektengesetz ein Entwurf für ein mdr-Architektengesetz beschlussreif erarbeitet. Dieses dient uns als Grundlage für die Novelle des Thüringer Architektengesetzes, die in 2005 im Thüringer Landtag beschlossen werden sollte, um eine fristgemäße Anpassung an europäisches Architektenrecht zu gewährleisten.

Investitionen und Förderung


Die Architektenkammer Thüringen erwartet für den Erhalt der Strukturen der wirtschaftsnahen, technischen Dienstleister eine Förderung über Investitionszulagen, der Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Ost und der von Hausbanken unabhängigen Förderung durch die Aufbaubank ohne Bindung an die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Hintergrund dieser Forderung ist die aktuelle konjunkturellen Lage, die Perspektive in der Bauwirtschaft. Es geht uns um den Erhalt der Arbeitsplätze, den Erhalt der mittelständischen Strukturen bei den Architekten und Stadtplanern.

Die Großbanken, Volksbanken und Sparkassen entwickeln sich zum "Totengräber" des Mittelstandes. Mit ihrer Kreditpolitik im Vorfeld von Basel II sind sie wesentliche Urheber für die Insolvenzwelle in Thüringen. Die Stärkung des Mittelstandes muss vom Hausbankenprinzip unabhängiger werden. Zu verbessern ist die Zahlungsmoral, privat wie öffentlich.

Die Landesgesellschaften sind in ihren Geschäftsfeldern auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren, zu reduzieren. Sie dürfen sich nicht weiterhin zum wirtschaftlichen Mitwettbewerber gegenüber dem Mittelstand am Markt betätigen. Planungsleistungen, Projektsteuerung und Bauleitplanung sind nicht unmittelbar notwendige Aufgaben von Landesgesellschaften. Es gilt die Staatsquote zu senken!

In Thüringen muss ein Investitionsklima entstehen, das die öffentliche Verwaltung zu einem Dienstleister und Partner der Investoren und deren Auftragnehmer werden lässt. Die Praxis zeigt regional unterschiedlich Gegenteiliges. Hier gilt es eine Planungskultur zu entwickeln, die eine Baukultur schafft und zu Investitionen in allen Bereichen der Infrastruktur, des Gesundheitswesens, des Handel und des Tourismus nach Thüringen einlädt.

Baukultur


Zur Förderung der Baukultur im Freistaat Thüringen wurde die StiftungBaukultur gegründet. Wir erwarten auch weiterhin eine projektbezogene Unterstützung des Stiftungszweckes durch die Landesregierung. Zweijährlich sollte im Thüringer Landtag ein Bericht zur Lage der Baukultur im Freistaat seitens der Landesregierung gegeben werden.

Architektur und Schule, die Vermittlung der räumlich-ästhetischen Erziehung bei der Ausbildung der Schüler und Fortbildung der Lehrer ist zu stärken, sollte in die Lehrpläne einfließen und zu Lernzielen definiert werden. Das Engagement der Landesregierung ist hierbei verstärkt gefordert und sollte nunmehr endlich im neuen Wissenschafts- und Kultusministerium eine "Heimat" finden.

Positiv hat sich die Einrichtung der "Schulen der Dorferneuerung" in Verantwortung der StiftungBaukultur entwickelt. In der Dorfentwicklung und insbesondere bei der integrierten ländlichen Entwicklung sollte dieses Mittel in der Informations-, Beratungs- und Motivationsphase weiterhin eingesetzt werden. Die Stärkung der Bürgerbeteiligung und die zielgenaue Ausrichtung der Dorferneuerung sind nachweisbar auf einem höheren Niveau gelangt.

Für den kommenden Prozess der Aufwertung im Stadtumbau Thüringen sollte dieses Instrument der Bürgerbeteiligung stadtteilbezogen vor Beginn einer Aufwertung von Wohngebieten bzw. Sanierungsgebieten ebenfalls genutzt werden. Auch kann eine Motivationsphase sowie ein Beratungsangebot eine höhere Akzeptanz des Stadtumbauprozesses bei den Bürgern entwickeln und eine Identität schaffen.

Michael Beier
Geschäftsführer

veröffentlicht am 25.08.2004 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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