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Die gesamtschuldnerische Haftung und ihre Tücken

Rückblick auf das Architektenforum 2011

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Kammer-Präsident Hartmut Strube, RA Dr. Tillmann Prinz und RA Dr. Alexander Arndt, Bild: Architektenkammer Thüringen

Die VHV-Versicherung hatte am Donnerstag, den 14. April 2011, ins ComCenter am Brühl in Erfurt zum Architektenforum 2011 eingeladen. Die Veranstaltung, die in Kooperation mit der Architektenkammer Thüringen organisiert wurde, widmete sich dem Thema „Gesamtschuldnerische Haftung“. Gut 100 Architektinnen und Architekten aus Thüringen, Sachsen, Bayern und Hessen waren der Einladung gefolgt. Ihr Interesse bestätigte die Aktualität des Themas.

Nachdem durch Dieter Sillmann, Gebietsdirektor Thüringen, das Leistungsspektrum der VHV-Versicherung als Bauspezialversicherer einleitend kurz dargestellt wurde, eröffnete Hartmut Strube, Präsident der Architektenkammer Thüringen, den thematischen Reigen. Er skizzierte das Spannungsfeld, in dem sich der Architekt befindet: Zu den Berufspflichten des freien Architekten gehört der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Eine vergleichbare Verpflichtung gibt es auf Seite der Baufirmen nicht. So empfehlen „clevere Rechtsanwälte in Kenntnis der Berufshaftpflicht und der gesamtschuldnerischen Haftung der Architekten ihren Bauherren, die Mängel sofort dem Architekten anzulasten“. Doch damit nicht genug. Die eigentliche Mängelbeseitigung gerät nach der Schadensanzeige ins Stocken. „Nach Monaten des Prozessierens ist der Mangel zwar nicht beseitigt, aber mit viel Glück vielleicht der Schuldige gefunden“, so Hartmut Strube. Der Präsident bezweifelte, dass es sich bei der derzeit geübten Praxis weder um eine faire Verantwortungsverteilung noch um Verbraucherschutz im eigentlichen Sinne handelt. Er forderte eine klare Zuordnung der Verantwortung.

RA Dr. Alexander Arndt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, HFK Rechtsanwälte LLP, Düsseldorf, stellte in einem ersten Teil seines Beitrags den gegenwärtigen Sachstand in der gerichtlichen Praxis dar. Aus seiner Sicht zielt die Kritik seitens der Architekten im Kern auf die Übernahme des Ausfallrisikos des Bauunternehmers und damit auf die Nichtrealisierbarkeit von Innenausgleichsansprüchen nach Zahlung durch die Architekten. In einem zweiten Teil wurden von ihm Vorschläge unterbreitet, die auf eine Minimierung dieses Risikos zielten. Dazu zählen aus seiner Sicht Haftungsbegrenzungen, Leistungsbeschränkungen, der Abschluss einer Baugewährleistungsversicherung sowie die Abkehr in der Leistungsphase 8 „Objektüberwachung“ vom Werkvertrag und Hinwendung zum Dienstvertrag. Insbesondere der letzte Vorschlag stieß auf vehemente Kritik seitens des Publikums. Nicht nur die Realisierbarkeit wurde in Frage gestellt, sondern die anwesenden ArchitektInnen sahen sich in ihrem Selbstverständnis berührt. In einem dritten Teil stellte RA Dr. Alexander Arndt abschließend erste Überlegungen seitens des Gesetzgebers vor, gegebenenfalls ein eigenständiges Bauvertragsrecht zu gründen. Als Ansatzpunkte für gesetzliche Novellierungen werden derzeit diskutiert: die Infragestellung der Gesamtschuldnerschaft, die Versicherungspflicht der Bauunternehmer, die Absicherung der  Mängelgewährleistungsansprüche, die Vorabinanspruchnahme des Bauunternehmers, die Neuregelung des zwingenden Gerichtsstandes des Baustellenortes sowie die gesetzliche Einführung der Adjudikation.

Als eine Variante der Adjudikation, also der außergerichtlichen Konfliktbewältigung, wurde von RA Dr. Tillman Prinz die Mediation vorgestellt. Der Geschäftsführer der Bundesarchitektenkammer plädierte in seinem Vortrag dafür, rechtzeitig diesen Weg zu beschreiten, um wirksam sein zu können. Denn, so sein Statement, wenn einmal durch einen Gutachter ein „vermeintlich Schuldiger“ gefunden wurde, ist die Förderung des Verständnisses für die Sicht der anderen Seite erschwert.

Den Abschluss des Themas bildete ein Bericht aus der Praxis der Schadensregulierung von RA Albert Glück, Vertriebsleiter Vertriebsdirektion Bau Süd, VHV München. Sein zentrales Anliegen an die Zuhörer: „Betrachten Sie die Versicherung als Ihren Partner und bereiten Sie die Informationen zur Schadensmeldung so auf, dass ein transparentes Bild entsteht und der Schadenshergang für den Sachbearbeiter nachvollziehbar wird.“ An ausgewählten Beispielen stellte er die Vorgehensweise der Versicherung vor und legte dar, wie gesamtschuldnerische Haftungsfragen im Detail geklärt werden.

Gertrudis Peters, Geschäftsführerin

veröffentlicht am 21.04.2011 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Berufspraxis

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