Zum Seiteninhalt Logo der Architektenkammer Thüringen

Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung

Stellungnahme der Architektenkammer Thüringen

Die Stellungnahme bezieht sich auf den Referentenentwurf des Thüringer Innenministeriums.

Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts

Die Thüringer Gemeinden und Landkreise stellen ein wichtiges Element des Aufbaus des Freistaates Thüringen dar. Sie erfüllen im Rahmen ihrer Tätigkeit wichtige Funktionen der Daseinsvorsorge und hiermit naturgemäß auch wichtige gesellschaftliche Aufgaben.

Die Thüringer Architekten stellen in ihren Regionen einen nicht unerheblichen Beitrag hinsichtlich der Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen dar. Damit tragen die Thüringer Architekten zur Stabilität und zum Wachstum im Freistaate Thüringen mit bei.

Vor dem Hintergrund der Vergabe öffentlicher Planungsleistungen sehen die Thüringer Architekten die Kommunen und Landkreise des Freistaates Thüringen als wichtige Partner bei Ihrer Arbeit an. In diesem Lichte sind auch die Neuregelungen des Gesetzes zur Änderung des Kommunalen Wirtschaftsrechtes zu betrachten.

Hauptsorge der Thüringer Architekten ist, dass der öffentliche Auftraggeber sich durch die Ausgliederung verschiedenster Aufgaben als öffentlicher Auftraggeber aus der Auftragsvergabe zurückzieht.

Im Weiteren wird seitens der Architektenkammer Thüringen die Gefahr gesehen, dass durch die Privatisierung eine Verdrängung auch auf dem Markt für freiberufliche Leistungen insbesondere Architektenleistungen vonstatten gehen könnte.

Vor diesem Hintergrund kann auch nur eine Bewertung des vorliegendes Gesetzes zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts erfolgen.

Die im Gesetz getroffenen Regelungen hinsichtlich der gebietsüberschreitenden kommunalwirtschaftlichen Betätigung sind in Hinsicht auf die Liberalisierung des Energiemarktes und die hiermit einhergehenden Auswirkungen auf die Stadtwerke sicherlich erforderlich.
Die Architektenkammer Thüringen sieht es jedoch als problematisch an, wenn die nunmehr eingeräumten Möglichkeiten dazu genutzt werden sollten, dass u. U. durch Ausgliederungen aus den Bauämtern o.ä. Behörden eine weitere Konkurrenz zu den auf dem freien Markt tätigen Architekten entstehen sollte.

Insoweit könnte auch hier eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verletzung des Territorialprinzipes als auch des eingeräumten Bestimmtheitsgebotes der Durchführung kommunaler Aufgaben bestehen.

Die Veränderung und Neueinfügung im § 71 ThürKO erscheint insoweit bedenklich, dass eine genau festgelegte gegenständliche Beschränkung nunmehr fehlt. Diesseits wird die Gefahr gesehen, dass beliebige kommunale Aufgaben auf Unternehmen übertragen werden könnten. Hiermit einhergehend wäre ein Verlust der kommunalen Selbstverwaltung zu befürchten. Im Weiteren könnten sodann Aufgaben, die durch freiberuflich tätige Architekten wahrgenommen werden könnten, durch die Ausgliederungen der Kommunen erfüllt werden. Dies würde jedoch gegen das Subsidiaritätsprinzip des Grundgesetzes verstoßen. Die Architektenkammer Thüringen weist daher darauf hin, dass das von der Verfassung vorgegebene Leitbild der kommunalen Selbstverwaltung insoweit nicht anzutasten ist, dass die Gemeinden und Landkreise durch Ausgliederung nunmehr eine Verdrängung auf dem freiberuflichen Markt durchführen könnten. Es wird daher die eingefügte Ziffer 4 des § 71 Abs. 1 ThürKO begrüßt, der eine Beschränkung der Subsidiaritätsklausel für Tätigkeiten außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge festschreibt.

Hinsichtlich der Subsidiarität des Handelns der Kommunen und Landkreise ist daher auf strikte Einhaltung und Beschränkung auf den Tätigkeitsbereich der Daseinsvorsorge Wert zu legen. Kommunale Ausgliederungen dürfen in keinem Fall Tätigkeiten wahrnehmen, die in zumindest gleicher Art und Qualität durch freiberuflich tätige Architekten durchgeführt werden können. Insoweit wäre bei Umsetzung der Änderungen in der ThürKO auf strikte Einhaltung dieses Prinzipes zu achten.

Insbesondere ist es der Architektenkammer Thüringen wichtig, dass stets auch ein öffentlicher Zweck für die Begründung der Tätigkeit der Kommunen vorliegen muss. Hierzu ausreichend kann jedoch nicht sein, dass Kommunen und Landkreise diese Tätigkeiten auch erbringen können.

Die nunmehr im § 71 Abs. 4 ThürKO zu regelnde überörtliche Tätigkeit der kommunalen Unternehmen steht ersichtlich unter dem Genehmigungsvorbehalt der Absätze 1 und 2 des § 71 ThürKO. Insoweit muss auf die vorgenannten Äußerungen verwiesen werden.

Für bedenklich wird es jedoch gehalten, dass nicht, wie bisher, eine Genehmigung für überörtliche Tätigkeiten der Kommunen erforderlich ist, sondern nunmehr ein bloßes Anzeigeverfahren ausreichen soll. In diesem Punkt besteht nach diesseitiger Auffassung Nachbesserungsbedarf.

Aus Sicht der Architektenkammer Thüringen muss die Genehmigungsverpflichtung weiterhin bestehen bleiben, damit die Kommunalaufsicht nicht lediglich Kenntnis erhält, sondern vielmehr die ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsmittel auch effektiv anwenden kann. Dies kann aus der Sicht der Architektenkammer Thüringen nur dann als gesichert gelten, wenn ein Genehmigungsverfahren durchgeführt wird.

Hinsichtlich der Änderungen des § 73 Abs. 1 ThürKO hält es auch die Architektenkammer Thüringen für erforderlich, dass bei Ausgründungen in Form privatwirtschaftlicher Unternehmen die Gemeinde einen ausreichenden Einfluss auf die weitere Tätigkeit des Unternehmens behält. Eine Konkretisierung des Begriffes "Angemessenheit" erscheint diesseits jedoch zumindest hinsichtlich der praktischen Durchsetzung dieses Anspruchs erforderlich. Die im Weiteren durchgeführten Änderungen hinsichtlich der Sätze 2 und 3 des § 73 ThürKO bezüglich der Frage der Einflussnahme der Kommunen wird auch diesseits begrüßt. Eine Unterlaufung des Zweckes des Subsidiaritätsprinzipes als auch der Einflussnahme der Kommunen darf nicht durch den Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen bewirkt werden. Insgesamt muss zu § 73 ausgeführt werden, dass der Gefahr entgegengewirkt wird, dass die Kommunen durch Wahl bestimmter Rechtsformen als auch durch Verpflichtungen mit weiteren Unternehmungen Sinn und Inhalte des Gesetzes konterkarieren. Ebenfalls sollte bei einer Minderheitenbeteiligung darauf geachtet werden, dass das weitere Unternehmen auch den Subsidiaritätsgrundsätzen unterworfen ist. Mithin eine Kommune nicht durch eine Minderheitenbeteiligung an einem weiteren Unternehmen durch diese Leistungen erbringen lässt, und für durch sie zu vergebenden Aufträge.

Es wird daher der ebenfalls verankerte Genehmigungsvorbehalt von der Architektenkammer Thüringen begrüßt.

Die in § 74 Abs. 2 neugetroffene Regelung wird von der Architektenkammer Thüringen begrüßt, da hierdurch verhindert werden soll, dass kommunale Unternehmen sich durch Gründung von Tochterunternehmen ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, vor allen Dingen der Bindung an den öffentlichen Zweck, entziehen und ausschließlich gewinnorientiert am Wettbewerb teilnehmen. Dies stellt bei richtiger Durchführung der Vorschrift einen entscheidenden Schutz der am freien Markt tätigen Architekten dar und ist daher durch die Architektenkammer Thüringen zu unterstützen.

Die strikte Durchsetzung des § 74 Abs. 2 ThürKO auch bei Minderheitenbeteiligungen der Kommune ist daher größtes Anliegen der Architektenkammer Thüringen.

Die Architektenkammer Thüringen vertritt zusammenfassend den Standpunkt, dass die Architekten den öffentlichen Auftraggeber auch im Weiteren benötigen und mit ihm in partnerschaftlicher Weise zusammenarbeiten wollen. Hierzu gehören gerade und selbstverständlich die Gemeinden und Landkreise des Freistaates Thüringen.

Durch Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen und Landkreisen dürfen daher die öffentlichen Auftraggeber nicht verloren gehen. Es ist daher auch bei Beteiligung an Unternehmungen bzw. Ausgründungen stets das Subsidiaritätsprinzip zu beachten, wonach die im freien Wettbewerb tätigen Architekten nicht durch kommunal beherrschte Unternehmungen verdrängt werden dürfen.

Im Weiteren dürfen erwerbswirtschaftliche Aktivitäten der Kommunen nicht dazu führen, dass ureigens privatwirtschaftlich zu erbringende Leistungen nunmehr durch kommunale Unternehmungen erbracht werden. Die Aktivitäten der Kommunen sind daher auf Bereiche zu beschränken, die durch die Privatwirtschaft nicht erfüllt werden können. Es droht ansonsten ein Missverhältnis von Markt und Staat im Freistaat Thüringen.

Gerade den kleineren und mittleren freiberuflich tätigen Architekturbüros sollten die Betätigungsfelder erhalten bleiben und neu eröffnet werden. Regionale Vergabe von Planungsleistungen stärkt die lokale Wirtschaftskraft und schafft Möglichkeiten für eine steigende Anzahl von Arbeitsplätzen und Existenzgründungen.

Daher dürfen die erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten der Kommunen nicht im Weiteren noch mit Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Privatwirtschaft einhergehen.

Die Architektenkammer Thüringen fordert daher, dass bei kommunalen Betätigungen in privater Rechtsform insbesondere die VOF, VOB, VOL, GRW sowie HOAI Anwendung finden. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Entscheidung des EUGH vom 15.01.1998 (Rs.C 44/96), indem das Gericht klargestellt hat, dass vom Staat beherrschte Einrichtungen, die teils gewinnorientiert und teils nicht gewerblich operieren, dem Vergaberecht insgesamt unterliegen.

Im Weiteren wendet sich die Architektenkammer Thüringen gegen wettbewerbsverzerrende Quersubventionierungen kommunaler Unternehmungen.

Abschließend sei betont, dass auch die Architektenkammer Thüringen an starken und leistungsfähigen Auftraggebern im Bereich der Kommunen und Landkreise und an einer anhaltenden, partnerschaftlichen Zusammenarbeit interessiert ist.

veröffentlicht am 14.01.2000 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

Diese Seite teilen

Die AKT in den sozialen Netzwerken