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Kongress StiftungBaukultur

Rede des Herrn Staatssekretär Arnd Koeppen, Justizministerium Grußworte der Thüringer Landesregierung, in Vertretung des Ministerpräsidenten, Dr. Bernhard Vogel

Grußwort des Justizstaatssekretärs Arndt Koeppen
beim 1. Thüringer Baukulturkongress „Mehrwert Architektur“
am 5. Dezember 2002 in Erfurt



Hartmut Strube, Präsident der Architektenkammer Thüringen,
Abgeordnete des Thüringer Landtags,
sehr geehrte Damen und Herren!

Der Ministerpräsident bedauert es sehr, heute nicht hier sein zu können, weil er heute in Berlin beim Vermittlungsausschuss sein muss. Aber er läßt Ihnen durch mich seine besten Wünsche für den ersten Thüringer Baukulturkongress ausrichten.

Wer den Ministerpräsidenten kennt, der weiß, dass er sich gerne und zu Recht auf Goethe beruft. Sie dürfen das Goethe-Zitat also als einen herzlichen Gruß des Ministerpräsidenten an Sie auffassen. Goethe schreibt in seinen Maximen und Reflexionen: „Ein edler Philosoph sprach von der Baukunst als einer erstarrten Musik und mußte dagegen manches Kopfschütteln wahrnehmen.“

Kopfschütteln ist – so hat es den Anschein – eine verbreitete Reaktion – besonders, wenn es um moderne Architektur geht. Kopfschütteln gehört gewiß mit dazu, denn es gibt schließlich auch weniger positive Beispiele des zeitgenössischen Bauschaffens. Und es gibt kontroverse architektonische Lösungen, für die sich die einen begeistern und über die sich die wieder anderen ärgern und die Köpfe schütteln. Auch das gehört dazu, denn nur im Wettbewerb der besten Ideen kommen wir voran – selbstverständlich auch in der Architektur.

Was aber nicht sein darf, ist, dass allein „edle Philosophen“ ein Auge für die Qualität von Architektur und für den „Mehrwert“ einer qualitätvollen Architektur haben. Viel zu sehr scheint mir das Vorurteil verbreitet, dass sich Architekten mit ihren Bauten nur selbst verwirklichen wollten. Dass Architektur – wie es der Architekt und Autor Adolf Behne einmal formuliert hat – eine „soziale Kunst“ ist, eine Kunst, die unser Zusammenleben prägt, wird dagegen nicht immer anerkannt.

Ich danke Ihnen, dass Sie mit dem ersten Thüringer Baukulturkongress und mit der Gründung der Stiftung Baukultur in Thüringen, die heute hier vollzogen wird, auf die grundlegende Bedeutung von Architektur für unser Zusammenleben hinweisen. Sie tun das vor allem um – so ist der Stiftungszweck definiert – „Architektur in ihrer Bedeutung für den Alltag jedes Menschen stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken.“

Beim Alltag jedes Menschen anzusetzen, ist erfolgversprechend. In der Demokratie ist Architektur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; hier braucht sie eine möglichst breite Basis, weil die Öffentlichkeit „ in der Demokratie [selbstverständlich]... der mächtigste Bauherr“ ist. [Richard von Weizsäcker]. Wer sich für eine nachhaltige Verbesserung der architektonischen Qualität unserer Städte, Dörfer, Freianlagen und Häuser in Deutschland und Thüringen einsetzt, der muß sich an eine breite Öffentlichkeit wenden.

Das Arbeitsprogramm 2003 der Stiftung Baukultur in Thüringen, das bereits vorliegt, gibt einen Eindruck davon, wie das geschehen soll: durch Diskussionsveranstaltungen, wie der heutigen, durch Ausstellungen und durch die Förderung von Publikationen. Selbstverständlich wird auch Bewährtes in die Arbeit der neuen Stiftung einfließen. Ich denke zum Beispiel an die Reihe „apropos architektouren“, die in diesem Jahr zum achten Mal stattgefunden hat.

Und dennoch: Mit der Stiftung Baukultur in Thüringen betreten Sie Neuland. Denn es gibt zwar ähnliche Überlegungen im Bund und in anderen Ländern, aber Sie sind die ersten in Deutschland, die an die Umsetzung gehen. Ein mutiger Schritt!

Umso mehr freue ich mich, dass Sie schlagkräftige Unterstützung erhalten. Dafür spricht der heutige Tag: die Mitwirkung von Prof. Ganser, dessen Namen sich selbstverständlich mit der IBA Emscher Park verbindet. Und ich nenne als weiteres Beispiel Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien, gewiß eines der weltweit führenden Architekturinstitute.

Ich betrachte Ihre Teilnahme und die Teilnahme vieler Ihrer renommierten Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland als eine wertvolle Hilfestellung, wenn die neue Stiftung heute Ihren ersten Schritt tut. Ich werte Ihre Teilnahme aber auch als eine Reverenz an den Architekturstandort Thüringen. Als eine Reverenz an die große Thüringer Bautradition vom Mittelalter bis hin zur klassischen Moderne. Als eine Reverenz aber auch an die bemerkenswerten Leistungen neuer Architektur in Thüringen.

Thüringen braucht sich auf diesem Gebiet nicht zu verstecken. Es ist Herausragendes geleistet worden und es wird Herausragendes geleistet. Denken Sie nur an das Bundesarbeitsgericht in Erfurt, oder den Campus der TU-Ilmenau, um nur zwei Beispiele zu nennen. Gerade im Hochschulbau haben wir wichtige Beiträge geleistet, die sich auch international sehen lassen können.

Obwohl hier in Thüringen großartige Neubauten entstanden sind und Thüringer und ostdeutsche Büros hierzulande immer häufiger Wettbewerbe für sich entscheiden, ist das falsche Bild der „Platte“ in Westdeutschland immer noch in vielen Köpfen präsent. Wir haben die Situation, dass Thüringer Büros zum Beispiel in Sankt Petersburg, Minsk und Moskau anspruchsvolle Klinikbauten errichten, aber in den alten Ländern kaum Chancen haben, an Aufträge zu kommen.

Das muss sich in Zukunft ändern. Wir müssen uns engagieren, damit wir auch in den alten Ländern konkurrenzfähig werden. Auch deswegen begrüßt die Landesregierung die Gründung der Thüringer Stiftung Baukultur und unterstützt ihre Arbeit, indem sie zwei Vertreter in den Stiftungsrat entsendet. Es ist wichtig, dass wir mehr Bewußtsein dafür schaffen, dass in Thüringen eine qualitätvolle Architektur, Landschaftsarchitektur, Städte- und Regionalplanung und Denkmalpflege betrieben wird.

Wir freuen uns über die Initiative zur Gründung der „Stiftung für Baukultur.“ Wir freuen uns auch über andere Initiativen, die die Baukultur in unserem Land fördern wollen. Je breiter die Basis, desto besser. Nur sollten wir gemeinsam darauf achten, dass wir uns nicht verzetteln, sondern unsere Kräfte – auch in finanzieller Hinsicht – bündeln.

Um moderne und qualitätvolle Architektur in Thüringen voranzubringen, um moderne und qualitätvolle Architektur in Thüringen bekannt zu machen, könnte ich mir viele Partner vorstellen – zum Beispiel die Thüringer Tourismusgesellschaft, vor allem aber auch den Gemeinde- und Städtebund. Die Aktivitäten der Thüringer Innenstadtinitiative sind schon heute ein Beitrag zur Thüringer Baukultur.

Die Gründung der Stiftung Baukultur ist ein festlicher Anlaß, ein wichtiger Tag für die Architekten und die Architektur in Thüringen. Aber auch an einem solchen Tag, darf man um die Probleme nicht herumreden.

Die Konjunkturschwäche in Deutschland wirkt sich gerade in der Bauwirtschaft der jungen Länder nachteilig aus. Dass der Boom der 90er nicht auf alle Zukunft fortdauern konnte, war uns allen klar. Aber was jetzt geschieht, geht weit über eine schrittweise Normalisierung hinaus.

Wir haben es geschafft, das so genannte Tariftreuegesetz abzuwenden, und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Regelungen für eine verbesserte Zahlungsmoral verschärft werden. Aber jetzt kommt wieder ein falsches Signal aus Berlin: Die Änderung der Eigenheimzulage.

Der Vorschlag des Ministerpräsidenten vom vergangenen Frühjahr, ein „Sonderprogramm Ost“ aufzulegen, ist in nur in Teilen aufgegriffen worden. Das Bundesprogramm „Stadtumbau Ost“ ist ein Anfang, aber es ist noch keine ausreichende Antwort auf die Herausforderungen des Wohnungsmarkts. Gerade die Finanzierung ist problematisch, weil nicht zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt worden sind, sondern rund 50 Millionen Euro aus der Städtebauförderung Ost umgelenkt wurden.

Thüringen hat sich entschlossen, dem Stadtumbau Ost eine Begleitforschung zur Seite zu stellen. Die Ergebnisse werden selbstverständlich auch den Kommunen zur Verfügung gestellt und sollen als eine Argumentationshilfe für Nachbesserungen und Forderungen dienen. Selbstverständlich werden wir auch unser landeseigenes Programm danach ausrichten.

Soweit wir dazu in der Lage sind, wollen wir die Bauwirtschaft und die Architekten unterstützen. Der Ministerpräsident hat bei der Verleihung des Thüringer Staatspreises für Architektur angekündigt, dass er auch Dienstleister, wie die Architekten, in Zukunft bei seinen Wirtschaftsreisen berücksichtigten wird.

In Saratow waren ein Bau- und ein Installationsbetrieb mit dabei, die dort vielsprechende Gespräche geführt haben. Das ist ein positives Beispiel, aber wir können selbstverständlich keine Garantie übernehmen, dass solche Reisen zum Erfolg führen. Allen Mitreisenden steht etwa die TAF zur Verfügung, die im Vorfeld des Auslandsbesuchs Kontakte herstellt und so das Risiko eines Fehlschlags zu vermeiden hilft. Und dennoch: Jeder Teilnehmer, der mitreist, muss sein Risiko tragen.

Es geht auch darum, die Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft und die Architekten in Thüringen zu verbessern: Der neue Innenminister hat sich die neue Thüringer Bauordnung bereits in den ersten Tagen seiner Amtszeit vorgenommen und will sie – wie er mir ausrichten läßt – bis zur Sommerpause in Kraft zu setzen.

Die Anhörungen werden also demnächst beginnen. Über die Grundlinien der Novelle sind wir uns – glaube ich – einig. Die neue Bauordnung muß investorenfreundlich sein. Deswegen wird es zu Vereinfachungen und Deregulierungen kommen. Die Fristen für Prüfung von Bauanträgen wollen wir verkürzen. Wenn aber die Tiefe der Prüfungen zurückgeht, steigt damit zwangsläufig die Verantwortung der Architekten und umso wichtiger wird es für den Bauherrn, einen guten und verläßlichen Planer zu finden.

Baukultur – das ist klar – hat viel mit guten Architekten und Planern zu tun. So gut wie unseren Altvorderen wie Goethe auch sind, wir in Thüringen können auch auf andere, jüngere herausragende Architekten verweisen: Walter Gropius hat einmal gesagt: „Der gute Architekt muss dem Interesse des Publikums dienen und gleichzeitig wirkliche Führung zeigen.“

Für mich handeln die Architektenkammer Thüringen und die Thüringer Architektur im Interesse des Publikums, wenn Sie heute die Thüringer Stiftung Baukultur begründen, und sie zeigen „wirkliche Führung“, wenn es darum geht, einem breiten Publikum den „Mehrwert“ einer qualitätvollen Architektur in unserem Land zu vermitteln.

Der neuen Stiftung viel Erfolg! Ich habe keinen Zweifel, dass der Thüringer Baukulturkongress, der heute zum ersten Mal stattfindet, zu einer guten Tradition werden wird.

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veröffentlicht am 11.12.2002 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Stiftung Baukultur Thüringen

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